Am 12.03.2020 verkündete die Bundeskanzlerin offiziell, dass COVID-19 keineswegs eine vorrübergehende, eingegrenzte und lokal kontrollierbare Epidemie darstelle, sondern eine Pandemie mit Folgen, die zu jenem Zeitpunkt auch noch nicht ansatzweise abzusehen waren. Um dem ausgerufenen Gesundheitsnotstand Herr zu werden und die weitere Ausbreitung des Virus einzudämmen, greifen die Regierungen vieler Staaten, auch Deutschland, zu drastischen Maßnahmen. Sie reichen von der Untersagung öffentlicher Veranstaltungen über die Schließung von Betrieben und staatlichen Einrichtungen, bis hin zur Verhängung von Kontaktverboten und Ausgangsbeschränkungen.
Der sich daraus ergebene Stillstand des öffentlichen Lebens ist nicht nur für Verbraucher mit finanziellen Belastungen und sozialen Einschränkungen verbunden. Darüber hinaus sind Produktionsausfälle, ausbleibende Kunden (z.B. in der Gastronomie), schwindende Auftragslage, Lieferengpässe etc. ausschlaggebend für eine finanzielle Schieflage vieler Betriebe. Daher drängt sich gerade mit Blick auf Betriebsunterbrechungen und – schließungen, dem Ausfall von Veranstaltungen und Reisen, sowie der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Lieferketten die Frage geradezu auf, ob und wieweit evtl. Versicherungsschutz eingreift. Gerade jetzt empfiehlt es sich daher, bei den eigenen abgeschlossenen Versicherungsverträgen genau hinzusehen. Es ist davon auszugehen, dass auch nach Beendigung der Pandemie die Versicherbarkeit von Epidemie- und Pandemierisiken von grundsätzlicher Bedeutung bleiben wird.
Die wichtigste Rolle wird dabei sicherlich im gewerblichen Bereich der klassischen Betriebsunterbrechungsversicherung sowie ganz konkret der Betriebsschließungsversicherung zukommen. Grundsätzlich können bei letztgenannten – anders als in klassischen Betriebsunterbrechungsversicherungen – Risiken im Zusammenhang mit der Schließung eines Betriebes in Folge von Seuchen abgedeckt werden. Eine solche Versicherung ermöglicht dem Versicherungsnehmer, z.B. bei behördlich angeordneter Schließung eines Betriebs, bei angeordneten Desinfektionsmaßnahmen sowie für eine etwa angeordnete Entseuchung oder Entsorgung von Waren nebst Wiederbeschaffung, eine Entschädigung zu erhalten. In zahlreichen Fällen haben die Versicherer zunächst eine Regulierung abgelehnt. Es ist daher Aufgabe der Gerichte, eine Entscheidung im Einzelfall zu treffen. Diese beschäftigen sich regelmäßig mit der Frage, ob Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 überhaupt von den Regelungen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Versicherungsverträge erfasst sein können. Da der Begriff COVID-19 i. d. R. bei Abschluss der Versicherungsverträge noch keine Rolle spielen konnte, da der Erreger letztlich unbekannt war, wird oftmals dahingehend argumentiert, dass konkret für COVID-19 kein Versicherungsschutz bestehe. Hier ist eine genaue Prüfung erforderlich, ob ggf. ein „artverwandter“ Virus benannt ist oder eine Verweisung auf das Infektionsschutzgesetz.
Ein weiterer denkbarer Ablehnungsgrund der Versicherer ist erfahrungsgemäß die Argumentation, dass die Betriebsschließung nicht durch die „zuständige Behörde“ erfolgt ist. Auch hier dürfte es im Rahmen einer Prüfung auf den Wortlaut der AVB ankommen und wie dies dann rechtlich auszulegen ist.
Ebenfalls von entscheidender Bedeutung ist, ob eine lediglich faktische Betriebsschließung überhaupt erfasst sein kann, wenn nämlich keine komplette Schließung des Betriebes erfolgt ist, sondern bspw. noch das Betreiben als Kiosk oder ein „außer Haus-Verkauf“ oder die Zulässigkeit der Übernachtung ausschließlich für Geschäftsreisende gestattet gewesen ist. Die Rechtsprechung ist hierzu noch rar. In einer ersten Entscheidung betonte das Landgericht Mannheim allerdings, dass z.B. für den Fall, dass Hotels zwar grundsätzlich Geschäftsreisende aufnehmen durften, die hiermit erzielten Einnahmen aber nur einen ganz untergeordneten Teil der Einnahmen ausmachen, eine Wirkung ähnlich einer Betriebsschließung i.S.d. Betriebsschließungsversicherung anzunehmen sei. Der Versicherer wäre dann eintrittsverpflichtet.
Aufgrund der teilweise völlig unterschiedlichen AVB in den entscheidungserheblichen genannten Punkten, wird man eine Prüfung durch einen spezialisierten Fachanwalt für Versicherungsrecht vornehmen lassen müssen, damit man keinerlei Ansprüche verliert.
Ähnliches gilt selbstverständlich für nur beispielhaft zu nennende Veranstaltungsausfallversicherungen, Reiseversicherungen, etc. Die Frage des Versicherungsschutzes für Schäden in Folge des Ausbruchs einer Epidemie und Pandemie können sich in unterschiedlichen Versicherungssparten stellen. Bereits die Frage, ob es sich hier um ein sog. „versichertes Ereignis“ handeln kann, wird bereits kontrovers diskutiert und ist daher rechtlich zunächst im konkreten Einzelfall zu prüfen.