Worum ging es?
Der EuGH hatte nach einer Vorlage des Landgericht Saarlouis die Frage zu beantworten, ob der nachfolgende Passus, der in nahezu allen Verbraucherkreditverträgen seit dem 30.7.2010 enthalten ist, rechtsgültig ist:
„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (…) erhalten hat.“
Diesen Passus hatte der deutsche Gesetzgeber seit dem 30.07.2010 in Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB eingeführt. Das gesetzliche Muster für die Formulierung der Widerrufsbelehrung bei Verbraucherdarlehensverträgen ist mit geringfügigen Änderungen bis heute gültig.
Die deutliche Antwort des EuGH
Um es vorweg zu nehmen: Der EuGH hat dies verneint! Die Richter in Luxemburg begründen ihre Entscheidung so:
Die Bestimmungen in einem Kreditvertrag müssen in klarer, prägnanter Form angegeben werden. Zu diesen Bestimmungen zählen auch die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist.
Der deutsche Gesetzesmechanismus ist allerdings kompliziert ausgestaltet. § 492 Abs. 2 BGB verweist seinerseits auf Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB, worin wiederum auf weitere Bestimmungen des BGB verwiesen wird.
Verweist aber ein Verbrauchervertrag auf bestimmte Vorschriften des nationalen Rechts, so kann der Verbraucher auf der Grundlage des Vertrags weder den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung bestimmen noch überprüfen, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle nach dieser Bestimmung erforderlichen Angaben enthält, und erst recht nicht, ob die Widerrufsfrist, über die er verfügen kann, für ihn zu laufen begonnen hat.
Kurz gesagt: Die nationale Regelung ist intransparent und somit mit europäischen Recht nicht vereinbar.
Was bedeutet das für Sie?
Wenn Sie nach dem 30.07.2010 einen Darlehensvertrag mit einem Unternehmen geschlossen haben (Bank, Autohaus,…) und Verbraucher sind, also das Darlehen nicht überwiegend weder der gewerblichen noch der selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, kann der Darlehensvertrag wahrscheinlich auch heute noch widerrufen werden.
Für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge, die ab dem 21.03.2016 geschlossen worden sind, gilt jedoch die Sonderregelung des § 356 b Abs. 2 Satz 4 BGB. Das Widerrufsrecht erlischt hier spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss oder nach dem Zeitpunkt, in dem der Darlehensnehmer eine für diesen bestimmte Vertragsurkunde, den schriftlichen Antrag des Darlehensnehmers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags erhalten hat, wenn dies nach dem Vertragsschluss erfolgt ist.
Für alle anderen Verbraucher-Darlehensverträge gilt das sogenannte „Ewige Widerrufsrecht“. Der Widerruf kann in solchen Fällen oftmals mehrere Jahre nach Vertragsschluss noch wirksam erklärt werden.
Wenn Sie eine Ersteinschätzung haben möchten, ob auch Ihr Darlehensvertrag widerrufbar ist, dann wenden Sie sich gerne an uns.