Bei Urlaubsreisen ist zunächst zu unterscheiden, ob es sich um eine Pauschalreise, also eine zusammengesetzte Reise aus Anreise und Unterkunft oder eine Individualreise (z. Bsp. Ferienhausbuchung, Hotelbuchung oder eine Flugreise) handelt.
Rechtslage bei Pauschalreisen
Als Grundregel gilt: Grundsätzlich kann bei einer Pauschalreise der Reisende jederzeit vor Reisebeginn vom Vertrag zurücktreten. Dann hat der Reiseveranstalter gegen den Reisenden einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung, besser bekannt als „Stornogebühr“.
Eine kostenfreie Stornierung (juristisch als Rücktritt einzuordnen) kann ein Reisender dann erklären, wenn es am Zielort oder in unmittelbarer Nähe zu einem „unvermeidlichen, außergewöhnlichen Umstand“ kommt (§ 651 h Abs. 3 BGB), der die Reise erheblich beeinträchtigt oder gefährdet. Dazu dürfte sicherlich auch die Corona-Pandemie zu zählen. Wichtig: Die Beeinträchtigung muss jedoch zum Zeitpunkt der Reise vorliegen oder unmittelbar bevorstehen.
Vereinzelt behalten sich Veranstalter in ihren AGB vor, im Falle höherer Gewalt von der Pflicht zur Rückzahlung frei zu sein. Der Europäische Gerichtshof hat eine solche Klausel jedoch schon 2013 für unwirksam erklärt (EuGH, Urteil v. 26.9.2013, C 509/11).
Die Gerichte haben in der Vergangenheit Reisewarnungen der WHO oder des Auswärtigen Amtes als eine solche Beeinträchtigung gewertet. Das Auswärtige Amt hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine weltweite Reisewarnung ausgesprochen, die zunächst bis Ende April galt und am 29.04.2020 bis Mitte Juni 2020 verlägert wurde. Fällt die Reise also in diesen Zeitraum, kann die Pauschalreise kostenfrei storniert werden. Liegt die geplant Pauschalreise außerhalb dieses Zeitraumes, sollte man sich die Stornierung gut überlegen, sonst drohen Stornogebühren. Es kann sich daher empfehlen, die weiteren Entwicklungen abzuwarten. Angesichts der aktuellen Situation kannbezweifelt werden, ob Sommerurlaube in die klassischen europäischen Reiseländer wie etwa Spanien, Italien, Frankreich, Türkei oder die Niederlande ohne weiteres möglich sein werden.
Rechtslage bei Individualreisen problematischer
Hotelübernachtungen zu touristischen Zwecken im Inland sind gegenwärtig in allen Bundesländern durch Rechtsverordnung nicht mehr gestattet, sodass auch in diesen Fällen ein Anspruch auf Rückerstattung besteht. Dies gilt jedenfalls unter Anwendung deutschen Rechts. Bei Buchungen von Reiseleistungen direkt im Ausland sind die jeweils nationalen, landesrechtlichen Bestimmungen maßgeblich. Wer aber über ein deutschsprachiges Portal gebucht hat, für den gilt in der Regel deutsches Recht. Gleichwohl enthalten viele Vereinbarungen eine Rechtswahlklausel, die im Einzelfall geprüft werden sollte.
Bei Absage von Flügen wegen außergewöhnlicher Umstände infolge der Corona-Pandemie durch die Fluggesellschaft besteht ein Anspruch auf Rückerstattung des Ticketpreises. Flugreisende sind nicht verpflichtet, Gutscheine oder kostenlose Umbuchungen in Anspruch zu nehmen. Allerdings besteht im Fall höherer Gewalt kein Anspruch auf die pauschale Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechte–Verordnung.
Bei der Buchung einer Ferienwohnung gilt – unter Anwendung deutschen Rechts – Mietrecht. Die Ferienwohnung kann der Reisende wegen eines wichtigen Grundes „außerordentlich und fristlos kündigen“. Das wäre zum Beispiel denkbar, wenn die Ferienwohnung in einer Region liegt, für welche die Behörden ein generelles Einreiseverbot ausgesprochen haben oder der Flughafen nicht angeflogen werden kann.
Wenn individuelle Reiseleistungen wie Flüge oder Hotelübernachtungen jedoch ohne Einschränkungen erbracht werden können, Urlauber ihre Reise jedoch aus Angst vor einer Ansteckung nicht mehr antreten wollen, kann der Urlauber mit Stornokosten abzüglich ersparter Aufwendungen belastet werden.
Bei beruflich veranlassten Reisen bzw. Hotelbuchungen ist umstritten, ob der Geschäftsreise kostenlos stornieren kann. Dies werden die Gerichte in Zukunft klären müssen.
Zahlt meine Reiserücktrittsversicherung?
Zu beachten ist, dass eine Reiserücktrittsversicherung bei Reisewarnungen oder Einreiseverboten in der Regel nicht greift. Der Versicherer kommt in diesen Fällen nicht für Stornokosten auf, da eine Pandemie, zu der der Covid-19-Virus eingestuft wurde, nicht vom Versicherungsschutz erfasst ist. Eine Reiserücktrittsversicherung greift in der Regel nur dann, wenn der Urlauber die Reise aus einem versicherten Grund nicht antreten kann, z.B. bei einer unerwarteten schweren Erkrankung.
Es kommt also auf die Art der Reise an, das anwendbare Recht und die aktuellen Einordnungen der Bundes- oder Landesregierungen. Nicht zuletzt dürften bei Auslandsreisen die Anordnungen und Maßnahmen der dortigen Länder maßgeblich sein. Bei Reisen, die noch nicht unmittelbar bevorstehen, sollten die jeweiligen Entwicklungen abgewartet und beobachtet werden.