Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wird nicht müde zu betonen, dass die Bundesregierung die „Bazooka“ rausholt, um die Volkswirtschaft vor einer drohenden Rezession zu schützen. Doch packt die Bundesregierung hier tatsächlich die ganz großen Geschütze aus, oder sind es nur Platzpatronen für Kleinbetriebe, Selbstständige und Freiberufler?
Finanzielle Unterstützung bei den Betriebskosten
Konkret erhalten:
- Selbstständige, Freiberufler und Unternehmen mit bis zu 5 Beschäftigten bis zu 9.000 Euro Zuschuss für ihre Betriebskosten für die Dauer von 3 Monaten,
- Selbständige, Freiberufler und Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten bis zu 15.000 Euro Zuschuss für ihre Betriebskosten für die Dauer von 3 Monaten.
- Diese finanziellen Hilfen müssen nicht zurückgezahlt werden.
Wichtig: Um diese Soforthilfen beziehen zu können, müssen die Antragsteller wirtschaftliche Schwierigkeiten (Existenzbedrohung bzw. Liquiditätsengpass) infolge der Corona-Pandemie nachweisen können. Das heiß konkret, dass das jeweilige Unternehmen vor März 2020 nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen sein darf und der Schadenseintritt nach dem 11. März 2020 erfolgt sein muss. Freiberufler, Selbstständige und Kleinbetriebe, die vorher schon in finanziellen Schwierigkeiten waren, erhalten keine finanziellen Unterstützungen.
Das Förderprogramm des Bundes wird durch Programme der Länder ergänzt. Die Antragsbearbeitung für die Maßnahmen für die Länder und des Bundes sollen einheitlich bei den zuständigen Stellen der Länder gestellt werden können. In NRW kann ab dem 27.3.2020 der Antrag online gestellt werden. Konkrete Angaben zum Ablauf gibt es momentan noch nicht.
Wie schnell die Anträge bearbeitet werden, ist ebenfalls ungewiss – angesichts der zu erwartenden Antragsflut sollte man nicht zu optimistisch sein.
Steuern stunden/anpassen
Bis zum 31.12.2020 kann unter Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse ein Antrag auf
- Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden,
- Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer
beim zuständigen Finanzamt gestellt werden.
Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen für Stundungen sollen keine strengen Anforderungen zu stellen sein. Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann in der Regel verzichtet werden, d.h. auf diese wird im begründeten Einzelfall nicht verzichtet.
Anträge auf Stundung der nach dem 31. Dezember 2020 fälligen Steuern sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen, die nur Zeiträume nach dem 31. Dezember 2020 betreffen, sind besonders zu begründen.
Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamtes wegen offener Steuerschulden sollen ausgesetzt werden, wenn
- dem Finanzamt aufgrund Mitteilung des Vollstreckungsschuldners oder auf andere Weise bekannt wird, dass der Vollstreckungsschuldner unmittelbar und nicht unerheblich betroffen ist.
In diesem Fall soll
- von Vollstreckungsmaßnahmen bei allen rückständigen oder bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdenden Steuern abgesehen werden,
- ab dem 19.03.2020 bis zum 31.12.2020 anfallende Säumniszuschläge für die benannten Steuern zum 31.12.2020 erlassen werden.
Zugang zur Grundsicherung
Darüber hinaus erhalten Selbständige und Angehörige der freien Berufe einen erleichterten Zugang zur Grundsicherung (=Arbeitslosengeld II), damit Lebensunterhalt und Unterkunft gesichert werden können. Die bei der Beantragung sonst durchzuführende Vermögensprüfung wird für sechs Monate ausgesetzt. Nachträglich wird aber wieder die übliche Bedürftigkeitsprüfung durchgeführt. Beantragt werden kann Grundsicherung von jeder natürlichen Person, welche zu wenige oder keine Mittel hat, um den Lebensunterhalt für sich (und die eigene Familie) sicherzustellen. Es ist dabei unerheblich, ob man einer Arbeit nachgeht oder doch.
Dies gilt für eine Antragstellung beim Jobcenter im Zeitraum vom 1.03.2020 bis 30.6.2020. Da die Bewilligung von ALG II zeitlich begrenzt ist, müssten Personen, die bereits ALG II in der Vergangenheit bewilligt bekommen haben, eventuell in diesem Zeitraum einen Folgeantrag stellen. Für den vorbenannten Zeitraum ist dies aber nicht erforderlich – hier gibt es eine automatische Verlängerung.
Kinderzuschlag für Familien
Kinderzuschlag neben Grundsicherung erhält, wessen Einkommen zwar für ihn selbst, nicht aber für seine Familie reicht. Bei Neuanträgen ist nun nur noch das Einkommen des letzten Monats (anstelle des letzten halben Jahres) entscheidend. Bei Einkommensverlusten etwa von selbstständigen Eltern entsteht so schneller ein Anspruch.
Kredite
Über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) stellt der Bund in einem erheblichen Umfang Hilfskredite zur Verfügung.
Das KfW-Sonderprogramm 2020 gilt ab 23. März 2020. Hierüber werden wir noch separat berichten.
Zusatzprogramme in NRW
Eine Aufstockung der Soforthilfe des Bundes um 25.000,00 Euro gibt es leider nur für kleine und mittlere Unternehmen mit 10 bis 50 Beschäftigten – dies hat das Land NRW zumindest geplant.
Freischaffende Künstler können eine Einmalzahlung in Höhe von 2.000,00 Euro bis zum 31.5.2020 bei der für sie zuständigen Bezirksregierung beantragen.
Kredite können auch über die Hausbank bei der NRW Bank beantragt werden. Auch hier gibt es eine erhöhte Risikoübernahme (80%) durch das Land NRW. Für die restlichen 20% muss man Sicherheiten vorweisen.
Flankierend können Bürgschaften bei der Bürgschaftsbank NRW beantragt werden, wobei der Höchstbetrag 200.000,00 Euro beträgt. So kann eine Sicherheit geschaffen werden, wenn man als Selbständiger, Freiberufler oder Kleinunternehmen nicht ausreichend eigene Sicherheiten stellen kann. Für die Bürgschaft fallen ein einmaliges Bearbeitungsentgelt sowie eine jährliche Bürgschaftsprovision, deren Höhe von der Höhe der vereinbarten Bürgschaftssumme abhängen
Fazit
Tatsächlich werden gerade finanzielle Unterstützungen im Hinblick auf deren Beantragung erleichtert. Das bedeutet aber nicht, dass man sich (wie bei den Krediten) nicht für die Zukunft weiter verschuldet. So bleibt auch bei den momentanen Maßnahmen nur die Hoffnung, dass die Krise bald vorbei ist, denn Geld bekommt man, auch in diesen Zeiten, nicht geschenkt.